Kommt der Bewohner eines Altenpflegeheimes in der Einrichtung zu Fall, haftet das Heim nicht ohne weiteres.
Ein 82-jähriger gebrechlicher Bewohner eines Altenpflegeheimes hatte mit Hilfe eines sog. Rollators (Gehhilfe) das Pflegeheim verlassen und war am Gehsteig vor dem Heimeingang gestürzt und hatte sich schwere Verletzungen zugezogen. Die Krankenkasse, die für die Behandlungskosten aufzukommen hatte, nahm aus übergegangenem Recht den Träger des Pflegeheims in Anspruch. Sie argumentierte, das Heim hätte sicherstellen müssen, dass der Pflegling nicht unbeaufsichtigt die Einrichtung hätte verlassen können. Der Mann sei schließlich zuvor bereits zwei mal gestürzt.
Das Landgericht Oldenburg wies die Klage ab. Es könne zwar im Einzelfall gesteigerte Aufsichtsanforderungen geben, so insbesondere bei Hinweisen auf Selbstgefährdung. Eine lückenlose Überwachung sei jedoch ein derart gravierender Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen, dass eine entsprechende Berechtigung und dem korrespondierend eine Verpflichtung des Heims nicht angenommen werden könne. Dem Heim könne auch nicht vorgeworfen werden, es versäumt zu haben, bei Gericht auf freiheitsentziehende Maßnahmen hingewirkt zu haben; denn allein altersbedingte Gebrechlichkeit rechtfertige keine Unterbringung.
Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung hat der 6. Zivilsenat des OLG Oldenburg mit Urteil vom 07.11.2003 zurückgewiesen. Anhaltspunkte dafür, dass der Betroffene die Einrichtung verlassen und seine Gesundheit gefährden könnte, habe es vorher nicht gegeben. Vor dem Hintergrund, dass Pflegeheime gehalten seien, auf die Rechte und Wünsche der Heimbewohner größtmögliche Rücksicht zu nehmen und insbesondere freiheitsentziehende oder –einschränkende Maßnahmen nur vorzunehmen, wenn dies unbedingt erforderlich sei, könne eine Verletzung der Fürsorge- und Betreuungspflichten durch die Mitarbeiter der Beklagten nicht angenommen werden.
6. Januar 2004
Dr. Oehlers
-Pressesprecher beim OLG Oldenburg-